Metakognitive Therapie (MCT) – Den dunklen Gedanken keine Aufmerksamkeit schenken

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Autor: Moritz Riemer

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Kenne Sie das auch? Irgendetwas ist nicht so gut gelaufen und jetzt grübeln Sie lange darüber nach. Was Sie hätten besser machen sollen? Was hat das jetzt für Folgen? Und so weiter. Oder ein wichtiges Ereignis steht vor der Tür und Sie machen sich Sorgen darüber, was alles schief gehen könnte. Zwei Arten von Gedankenkreisen und genau in denen sieht die MCT das eigentliche Problem. Natürlich hat sie auch eine Idee, wie man etwas dagegen machen kann.

 

Die Metakognitive Therapie (MCT) sagt, mit den nervigen Gedanken verhält es sich wie mit dem Typ, der auf dem Marktplatz den Weltuntergang vorhersagt: Je mehr Aufmerksamkeit er bekommt, desto lauter und ausdauernder wird er predigen. Wenn ihn aber niemand beachtet, wird er irgendwann nicht mehr auf den Markt kommen. Die Idee der MCT ist also denkbar einfach: Es gibt Gedanken, die viel Zeit beanspruchen und zu keinem vernünftigen Ergebnis führen. Die sollte man so weit wie möglich ignorieren.

 

Aber wie geht das? Sollen Sie die Gedanken verdrängen oder viel Alkohol trinken, damit sie nicht mehr auftauchen? Selbstverständlich nicht. Stattdessen ist der erste Schritt, den Grund für das Gedankenkreisen herauszufinden. Warum grübeln Sie über die Vergangenheit, warum sorgen Sie sich endlos um die Zukunft? Die Antwort heißt oft, dass Sie Sorgen und Grübeln unbewusst für nützlich halten. Eine häufige Annahme ist zum Beispiel, dass Sie besser auf eine Situation vorbereitet sind, wenn Sie sich vorher viele Sorgen darüber gemacht haben. Und genau hier setzt die Metakognitive Therapie an. Ihr Therapeut wird mit Ihnen ausprobieren und überprüfen, ob Situationen tatsächlich besser laufen, wenn Sie sich vorher ganz lange negative Gedanken darüber gemacht haben. Oder ob Sie wirklich weniger Fehler machen, wenn Sie über Fehler in der Vergangenheit nachgrübeln. Warum auch immer Sie Gedankenkreisen für wertvoll halten, Sie schauen sich an, ob es auch wirklich wertvoll ist.

 

Sie ahnen es vielleicht schon: Meistens kommt dabei heraus, dass weder Sorgen noch Grübeln irgendwie hilfreich sind. Deswegen üben Sie dann auf verschiedene, das Gedankenkreisen wegzulassen. Eine Übung ist zum Beispiel, ihre Gedanken aus der Beobachterperspektive wahrzunehmen. Statt sich einfach nur zu sorgen, denken Sie: „Oh, jetzt habe ich gerade den Gedanken <<Das ist ja ein unüberwindliches Hindernis>> und deshalb habe ich auch Angst“. Aus dem Blickwinkel von außen erscheinen Ihre Gedanken und Gefühle dann meistens schon weniger bedrohlich. Sie verlieren sich nicht in ihnen.

 

Außerdem trainieren sie, Ihre Aufmerksamkeit genau dorthin zu lenken, wo Sie sie auch haben wollen. Das geht beispielsweise, indem Sie sich eine Audio-Datei anhören, auf der viele Geräusche gleichzeitig zu hören sind. Statt nun aber auch alle gleichzeitig zu hören, versuchen Sie, sich bewusst auf eines zu konzentrieren. Auf diese Weise können Sie dann auch bei Ihren vielen Gedanken entscheiden, welchem Gedanken Sie Aufmerksamkeit schenken wollen. Nützt es Ihnen gerade etwas, über eine peinliche Situation vor zwei Jahren nachzudenken? Nein? Dann konzentrieren Sie sich vielleicht lieber auf eine Aufgabe, die gerade zu erledigen ist. Oder Sie lesen Ihr spannendes Buch weiter. Und wenn Sie der peinlichen Erinnerung wiederholt keine große Beachtung schenken, wird sie auch allmählich verblassen. Genau wie bei dem Schreihals auf dem Marktplatz müssen Sie sich dann nicht mehr damit herumärgern.

 

Klingt einfach? Ist es auch. Die vielleicht größte Stärke der MCT liegt darin, dass sie schnell zu verstehen ist. Und mit fleißigem Training lassen dann auch die Erfolge meist nicht lange auf sich warten.

 

 

* Psychotherapie Shorties: In dieser Reihe versuche ich, über einige Formen der Psychotherapie einen Überblick geben, der möglichst leicht verständlich ist und damit jedem einen ersten Zugang ermöglichen. Wegen dieses Zieles sind meine Schilderungen automatisch vereinfachend und unvollständig. Für genauere Erläuterungen, die zudem von Menschen geschrieben wurden, die sich in den einzelnen Formen noch viel besser auskennen als ich, verweise ich den geneigten Leser auf die einschlägige psychotherapeutische Fachliteratur und gebe auf Anfrage auch gerne Empfehlungen.

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Über den Autor

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Moritz Riemer arbeitet als psychologischer Coach in Leipzig.

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